Samstag, 19. Januar 2008

Gregorianische Gesänge

In der Nacht von gestern auf heute vor einem Jahr fegte Kyrill über´s Land.

Ich war seinerzeit im Referendariat in der Verwaltungsstation und zwar im Fachbereich "Bevölkerungsschutz" einer nahen Kommunalverwaltung.

Das hatte dann die Folge, dass ich die Nacht vor einem Jahr im kommunalen Krisenstab verbringen durfte.

Eine in jeder Hinsicht interessante und lehrreiche Erfahrung, über die ich gerne mehr schreiben würde, wenn ich den Schreibtisch nicht voller Akten hätte, die heute noch bearbeitet sein wollen.

Mein persönliches "Highlight" -neben der wirklich sehr guten Kalt-/Warm-Verpflegung- war, als die anwesenden Vertreter der Polizei gegen Mitternacht anfingen, ihre Dienstwaffen kreisen zu lassen. *Augenroll*

Die anfänglich nicht vorhandenen Telekommunikationsmittel gaben der Sache aber auch einen gewissen Kick. Klar, man kann sich das Telefon auf dem Flur vor dem Stabsraum auch einfach mit allen teilen.

Und die riesige Freude, als es die Deutsche Bahn doch noch schaffte Züge, aufzutreiben und im hiesigen Hauptbahnhof enden zu lassen...

Donnerstag, 17. Januar 2008

Gedanken zu Ausschreibungen im Rettungsdienst , Teil 2: Deutschland

Teilweise erfolgt in Deutschland bereits die Vergabe von Rettungsmitteln bzw. Rettungswachen per Ausschreibung.

Wenn man sich Ausschreibungen bzw. Beschlüsse dazu anschaut, stellt man fest, dass z. B. der Kreis Aachen nicht nur diverse Rettungswachen ausschreibt, sondern auch die Bereitstellung von Reserve-Fahrzeugen für Großeinsätze und Einsatz-Einheiten (hier, ab Seite 3).

Das ist nun wirklich interessant. Denn spätestens die Einsatz-Einheiten sind das, was man früher landläufig als "Katastrophenschutz" bezeichnete und dürften somit tatsächlich eine ureigene hoheitliche Aufgabe darstellen.

Auch sind Angehörigen der Einsatzeinheiten Vollzugsdienstkräfte im Sinne des nordrhein-westfälischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes. D. h. sie dürfen -theoretisch- selbst "unmittelbaren Zwang" anwenden. Auf deutsch: "Geh von meiner Einsatzstelle oder ich hau Dich!".

Angesichts dessen, muss man sich schon wundern, ob da tatsächlich beabsichtigt ist, per Ausschreibung, also nach vornehmlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten, hoheitliche Befugnisse einschließlich Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit abzugeben.

Irgendwie komme ich da auf die Idee, man könnte ja auch mal "Dienstleistungen der Strafverfolgung und polizeilichen Gefahrenabwehr" ausschreiben, also "rent a cop" oder "Polizeiinspektion 4 operated by Wachschutz Müller". Durchaus auch ein interessanter Gedanke.

Aber ernsthaft: Ich frage mich schon, wie lange es dauert, bis auch in Deutschland jemand auf die Idee kommt, dass eigentlich auch Aufgaben des "abwehrenden Brandschutzes" an Privatunternehmer ausgeschrieben werden könnten. Allerdings dürften das meisten Brandschutzgesetze der Länder (noch) nicht hergeben. In anderen Teilen Europas funktioniert sowas anscheinend.

Daneben frage ich mich auch, inwiefern Ausschreibungen, insbesondere solche von Einsatz-Einheiten, wie es der Kreis Aachen macht, Auswirkungen auf das hat, was man neu-modisch "bürgerschaftliches Engagement" nennt. Gerade die Einsatz-Einheiten werden vorrangig aus Ehrenamtlichen bestehen. Ob man diesen ggf. vermitteln kann, dass "ihre" Einsatzeinheit ab nächsten Monat durch eine andere Organsiation oder einen privaten Anbieter besetzt wird?

Fast noch interessanter, wird dies bei der Neu-Ausschreibung von Rettungswachen: Gewinnt ein neuer Anbieter die Ausschreibung und übernimmt den Betrieb der Rettungswache, handelt es sich nämlich regelmäßig um einen sogenannten Betriebsübergang (§ 613a BGB). Praktisch bedeutet dies, dass der neue Anbieter das alte Personal übernehmen und -zumindest vorerst- zu unveränderten Kondition weiterbeschäftigen muss. Eine möglicherweise böse Überraschung, falls der neue Anbieter damit nicht gerechnet hat (Berufung hier).

Mittwoch, 16. Januar 2008

Kollege kommt gleich...

...habe ich in der Gastronomie lange nicht mehr gehört. Im Gegenteil bei den letzten Restaurantbesuchen fand ich es immer erstaunlich, in selben Restaurant quasi parallel durch unterschiedliche Menschen bedient worden zu sein.

Dafür hält "Kollege kommt gleich" oder besser "Hau ab, Kollege. Das ist mein Tisch!" jetzt anscheinend in der Justiz Einzug. Und zwar direkt beim Bundesverfassungsgericht.

Klopf, klopf, jemand zuhause? oder: Ruhr-Nachrichten

Ich schreibe an die Ruhr-Nachrichten unter Nutzung des Kontakt-Formulars das auf deren Homepage zu finden ist:

Hallo!

Das Versenden von Artikeln von Ihrer Homepage ist durch die notwendige vorherige Registrierung und Log-In leider sehr unkomfortabel. Bei der WAZ /Der Westen ist dies wesentlich bequemer gelöst, eine vorherige Registrierung ist dort nicht notwendig.

Freundlicher Gruss
Kollege S.
Binnen einer Stunde (das ist ja schonmal sehr ordentlich) erhalte ich die folgende Antwort:

Sehr geehrter Herr S.,

es gibt auf unserer Homepage ein Kontaktformular, welches Sie nutzen koennen, oder Sie schreiben eine mail an redaktion.dortmund@mdhl.de!

Schöne Grüße

Name

Pressehaus Leserservice

Telefon 01801/ 55 50 55

Naja, bei der Antwort-Geschwindigkeit wäre es wohl unrealistisch gewesen, auch noch eine sinnvolle Antwort zu erwarten.



Dienstag, 15. Januar 2008

Gedanken zu Ausschreibungen im Rettungsdienst, Teil 1: Die EU

Innerhalb der Europäischen Union ist die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (kurz: Europäische Kommission) unter anderem dafür zuständig, die Einhaltung des europäischen Gemeinschaftsrechts zu überwachen.

Zu einer der Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts gehört es, dass öffentliche Vertragsvergaben ab einem bestimmten Auftragsvolumen grundsätzlich ausgeschrieben werden.

Und so verklagt derzeit die Europäische Kommission die Bundesrepublik Deutschalnd, weil hier der Betrieb von Rettungswachen regelmäßig nicht ausgeschrieben, sondern "freihändig", in der Regel an Hilfsorganisationen, vergeben wird (Pressemitteilung der EU-Kommission).

Mit der "freihändigen Vergabe" befindet man sich durchaus in Einklang mit der deutschen Rechtsprechung (z. B. Oberlandesgericht Düsseldorf, 5. April 2006).

Die EU-Kommission ist -verkürzt dargestellt- der Auffassung, dass der Rettungsdienst keine hoheitliche Aufgabe sei und sieht das ganze eher als -privatrechtliche- Mietwagen-Vermietung mit qualifizierter Betreuung. Daher stelle die Nicht-Ausschreibung von Leistungen des Rettungsdienstes eine Verletzung des Transparenzgebotes aus Art. 43, 49 EG-Vertrag dar.

Das wird m. E. dem Rettungsdienst wie er in Deutschland, insbesondere in NRW, betrieben wird, nämlich als integraler, medizinischer Bestandteil eines komplexen, öffentlich-rechtlichen Gefahrenabwehrsystems, insbesondere auch zur Großschadensabwehr, nicht gerecht.

Zwar ist die Rechtslage bei weitem nicht so klar, wie von der EU-Kommission in der Pressemitteilung dargestellt (vgl. frühere ähnliche Entscheidung des EuGH); ob man die deutsche/nordrhein-westfälische Sicht dem EuGH vermitteln kann, bleibt aber spannend.

Auch das Urteil des EuGH vom 18.12.2007 dürfte daran wenig ändern. Die dort entschiedene Situation in Irland dürfte nämlich mit der in Deutschland kaum vergleichbar sein, da es letztlich um Querfinanzierung eines Feuerwehr-Rettungsdienstes durch eine Gesundheitsbehörde ging.

Post angeregt durch einen Beitrag im Rettungsblog.