Sonntag, 5. Februar 2012

FAZ findet vermeintliche Ermittlungspannen

Die FAZ berichtet über die Ermittlungen gegen das NSU-Trio und deckt dabei (vermeintliche) Fehler auf. Das die Ermittlungen insgesamt optimierbar waren, dürfte klar sein. Nachträglich muss man sich schon fragen, wie man bei einer Serie von 9 Morden an Menschen mit ausländischem Hintergrund ernsthaft davon ausgehen konnte, es liege kein rechtsextremistischer Hintergrund vor.

Die FAZ, allgemein als Qualitätspresse angesehen, zeigt aber leider in diesem Artikel (einmal mehr) mangelhaften juristischen Sachverstand.

Warum wurde der Hauptverdächtige, Böhnhardt, nicht festgehalten, bis die Durchsuchungen abgeschlossen waren?

Das könnte jetzt ganz simpel daran liegen, dass es dazu einfach keine rechtliche Grundlage gab. "Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf der Durchsuchung beiwohnen." sagt § 106 Strafprozessordnung. Eine simple Wortlautauslegung verrät uns dann, dass "darf" nicht "muss" bedeutet. Wenn also morgens um 6.01 Uhr die Polizei klingelt und meine Wohnung durchsuchen möchte, kann ich mit den Worten "Aber zieht nachher bitte die Tür zu" gehen. Eine Ausnahme mag noch sein, wenn in dem entsprechenden Beschluss auch die Durchsuchung der Person angeordnet ist. Dann müsste ich das halt noch abwarten und könnte danach gehen.

Der zuständige Staatsanwalt sei am 27. Januar krankgeschrieben gewesen, sein Vertreter habe es zunächst abgelehnt, einen Haftbefehl auszustellen.

Nun, das mag jetzt wiederum an dem Jurastudium des Staatsanwaltes liegen. Vermutlich hat ihm da irgendjemand mal gesagt, dass nur ein Richter Haftbefehle ausstellen darf (§ 114 Abs. 1 StPO).

Auch davon gibt es eine Ausnahme, der sog. Vollstreckungshaftbefehl. Wenn jemand rechtskräftig verurteilt ist und auf eine "freundliche Einladung" zur Haft nicht reagiert, kann die Staatsanwaltschaft einen Vollstreckungshaftbefehl erlassen (§ 457 StPO). Das ist aber nun in dem vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Freilich kann ich nicht von jedem Jounalisten, schreibe er auch für die FAZ, vertiefte Jurakenntnisse erwarten. Wenn ich aber ausdrücklich Ermittlungspannen mit juristischem Hintergrund kritisiere, wäre ein wenig Fachkenntnis schon schön. Sonst kann ich nämlich auch Bild lesen.