Freitag, 11. Januar 2008

Frontend Legal Consulting

Gestern klingelte das Telefon, dran war eine der Mädels Rechtsanwaltsfachangestellten aus der Kanzlei in der ich bis vor kurzem meine Anwaltstation verbracht habe.

Der Chef ist erkrankt, offenbar hat ihn eine volle Breitseite Noro erwischt. Der zweite Mann der Kanzlei ist ganztägig bei einer auswärtigen Strafsache gebunden.

Nun habe man aber morgen zwei neue Mandanten, die zu einer Erstberatung kommen, ob ich mit denen sprechen könnte.

Kurzum, ich durfte dann heute mal wieder Rechtsanwalt "spielen" und den Chef vertreten.

Chef muss jetzt allerdings ´ne neue Tischplatte kaufen, ich hab in die alte reingebissen und mehrmals meinen Kopf draufgeschlagen.

Mandantin 1
Man stelle sich eine leicht adipöse Dame Mitte 50 vor. Nach dem üblichen Vorgeplänkel (Vorstellung/Begrüßung) trägt sie ihr Anliegen vor:

Mandantin: "Mit meiner Gasrechnung ist etwas nicht in Ordnung. Da müssen sie was machen!"

Nun muss man wissen, dass der hiesige Gasversorger es eigentlich nur versteht, Inkompetenz und Ignoranz zu bündeln. Falsche Rechnungen scheinen dort an der Tagesordnung zu sein, ich habe bereits persönliche Erfahrung mit deren Geschäftsgebahren sammeln können und es gibt Wochen, da beantragen wir am Fließband erfolgreich einstweilige Verfügungen gegen Gassperren die aufgrund völlig abstruser, entsprechend unbezahlter Rechnungen dieses Versorgers erfolgen. So war meine Sympathie zunächst voll und ganz mit der Dame.

Referendar: "Was ist denn mit ihrer Rechnung?"

Mandantin: "Die ist zu hoch! Und ich will dass das gerichtlich gemacht wird!"

Natürlich! Das machen wir gerichtlich! Jetzt! Sofort! Hier!

Referendar: "Wieso meinen sie denn, dass die Rechnung zu hoch ist?"

Mandantin: "Die wollen soviel Geld von mir haben."

Oh weia, so gescheit wie die Frau antwortet, kann das ja lustig werden. Machen wir´s mal langsam, Schritt für Schritt.


Referendar: "Nun, Gas ist in letzter Zeit ja auch teurer geworden. Wieviel haben sie denn verbraucht?"

Mandantin: "Weiß ich nicht, aber die Rechnung ist zu hoch."

Ja, das die Rechnung zu hoch ist, habe ich mittlerweile verstanden! Also noch langsamer.

Referendar: "Haben Sie denn mal auf ihren Zähler geschaut wieviel sie verbraucht haben?"

Mandantin: "Auf den Zähler?!? Nee, der Zähler ist im Keller, da sind Spinnen, da geh ich nicht hin!!"

Oooaargh! Natürlich! Nicht mal den eigenen Zähler ablesen, aber gegen die Gasrechnung vorgehen.

Wir sind dann mal so verblieben, dass die Dame nächste Woche wiederkommt, wenn sich ihr Schwiegersohn in den Keller getraut hat, um den Zählerstand abzulesen.


Mandant 2
Geschätzt Anfang 20, eher so der Baseball-Cap und Baggie-Pants-Typ.

Mandant: "Mein Handy ist kaputt, das ist noch ganz neu. Hier ist die Rechnung. Das ist doch noch Garantie drauf, oder?"

Hossa! Eine wahre Fülle von Informationen im Vergleich zum ersten Fall. Die geringfügige terminologische Ungenauheit erscheint da sehr verzeihlich.

Referendar: "Ahh, okay, haben sie schon mit dem Händler geredet?"

Mandant: "Ja, habe ich! Aber der will das nicht reparieren."

Sehr gut! Der Gegner ist in Verzug; das wird nicht billig, für den Gegner!

Referendar: "Ach? Hat er gesagt wieso?"

Nachträglich betrachtet die Frage, die ich nicht hätte stellen sollen...


Mandant: "Ja, er meint, wenn man das Handy runterschmeißt, müssen die das nicht zahlen. Aber dafür ist doch Garantie da, oder?"

Referendar: "Ähm, sie haben Ihr Handy fallen lassen?"

Mandant: "Ja, gucken sie mal. Das ist sogar auseinander gebrochen! Das fällt doch unter die Garantie, dafür hat man die doch."

Referendar: "Ich schau mir gerne nochmal ihre Garantiebedingungen an, aber ich fürchte das sieht nicht gut aus."

Sah es dann natürlich auch nicht.


Muss ich übrigens noch erwähnen, dass beide Mandanten auf Beratungshilfe da waren? Gelegentlich habe ich den Eindruck, diese an sich gute Erfindung wird mehrheitlich genutzt, um den eigenen gesunden Menschenverstand kostenträchtig outzusourcen.

JFTR

Für´s das Protokoll und zum besseren Verständnis des nächsten Posts:

Während des Rechtsreferendariats durchläuft man verschiedene Stationen, d. h. man ist verschiedenen, möglichen Stellen wo ein Jurist arbeiten könnte, zur Ausbildung zugeteilt.

Eine dieser Stationen, i. d. R. die vorletzte, ist die Anwaltsstation. Das heißt man ist in einer Anwaltskanzlei tätig, und lernt dort die hohe Tätigkeit als unabhängiges Organ der Rechtspflege.

Ich habe mich bewußt für einen relativ kleinen "Laden" entschieden: Eineinhalb Anwälte, 2 ReNos und ich. Das führt dazu, daß ich durchaus auch eher referendarsferne Tätigkeiten ausübte, wie Glühbirnen in Lampen zu schrauben und Kuchen vom Bäcker zu holen.

Im Gegensatz zu vielen Kollegen, die ihren Ausbildungs-Anwalt ein oder zweimal die Woche sahen, war ich i. d. R. auch jeden Tag in der Kanzlei und dort sehr umfassend in den Ablauf eingebunden. Fälle selbstständig zu bearbeiten inkl. der Mandantengespräche und der Vertretung in der Gerichtsverhandlung habe ich dort jedenfalls gelernt und das ist gut so.

Seit Dezember bin ich nicht mehr in der Anwaltsstation, also bei einem Rechtsanwalt tätig, sondern in der sogenannten Wahlstation.

Die Wahlstation ist im Rechtsreferendariat die letzte Ausbildungsstation vor der mündlichen Prüfung des zweiten juristischen Staatsexamens.

Die Wahlstation verbringe ich in der Rechtsabteilung eines Universitätsklinikums der Nachbarstadt. Mich umgibt ein ansprechendes Gemisch von rechtlichen Fragestellungen unterschiedlichster Art, allem voran Arzthaftungssachen. Mein Chef ist nett und begnügt sich damit, mich einmal die Woche erscheinen zu lassen. Allerdings gibt er noch ausreichende "Hausaufgaben" auf, so daß bei mir sicher keine Langeweile entsteht.

Der Erstkontakt war übrigens eher abschreckend. Ich hatte direkt die Telefonnummer des Leiters der Rechtsabteilung und wollte mich erkundigen, ob sie überhaupt Referendare ausbilden und ich meine Bewerbung vorbeischicken darf.

Der Form halber wollte ich aber sichergehen nicht etwa die Vorzimmerdame oder sonstwen zu übergehen (gerade bei Vorzimmerdamen kann sowas alles ruinieren) und rief daher die Telefonzentrale des Klinikums an.

Man stelle sich als Telefonistin eine leicht gestresste, ca. 50-jährige ungelernte Kraft, dafür aber mit der Überzeugung in der Universitätsklinik zu arbeiten, und daher etwas besseres zu sein, vor. Allers natürlich nur böse, unbegründete Unterstellungen von mir:

"Universitätsklinik, Telefonzentrale, Guten Tag!"

"Guten Tag, können sie mich bitte mit ihrem Justitiariat verbinden?"

"Womit?"


"Mit ihrem Justitiariat."

Schweigen im Walde... In mir die Ahnung, dass die Telefonistin nicht weiß, was ein Justitiariat ist, sei es auch die offizielle Bezeichnung in der Klinik... Also anders:


"Ich würde gerne mit Ihrer Rechtsabteilung verbunden werden."

"Mit unserer Rechtsabteilung?!?"


Sie wird doch wissen, was eine Rechtsabteilung ist, oder? Das ist doch ein gar nicht so schweres deutsches Wort.


Offenbar zu einer anderen Person im Raum: "Erna! Ham wir ´ne Rechtsabteilung?"

Ja, haben sie und die Nummer des Leiters steht auf der Homepage!


"Nee, ´ne Rechtsabteilung haben wir nicht! Soll ich sie mit der Brandverletzten-Station verbinden?"


Ja, prima! Wenn man sich die Finger verbrannt hat oder eine Sache zu heiß geworden ist, ist das ja fast egal, ob Rechtsabteilung oder Brandverletztenstation!


"
Nein, Danke. Ich erledige das anderweitig. Auf Wiederhören."

Okay, ich gebe zu, das "Auf Wiederhören" war gelogen.

Donnerstag, 10. Januar 2008

Ehrenamtliche Exotik

Die Kombination Rettungsassistent und Jurist ist anscheinend gar nicht so selten, wie ich mal angenommen haben. Zwar habe ich in meinem Bekanntenkreis noch zwei Menschen die Jurist und RettAss bzw. RettSan sind, aber bisher habe ich das eher für eine zufällige Häufung gehalten.

Nun es gibt noch mehr davon und einige schaffen es sogar in´s Fernsehen.

http://www.wdr.de/tv/echt/sendungsbeitraege/2007/0716/ez_lebenretten.jsp

Über die Darstellung "ehrenamtlicher" Tätigkeit mag sich jeder ein eigenes Bild machen. Außerdem scheint mir die Darstellung der Trage als Einsatzmittel etwas zu dominant.

(Link in einem Blog gefunden, auf dessen Name ich nicht mehr komme)