Donnerstag, 17. Januar 2008

Gedanken zu Ausschreibungen im Rettungsdienst , Teil 2: Deutschland

Teilweise erfolgt in Deutschland bereits die Vergabe von Rettungsmitteln bzw. Rettungswachen per Ausschreibung.

Wenn man sich Ausschreibungen bzw. Beschlüsse dazu anschaut, stellt man fest, dass z. B. der Kreis Aachen nicht nur diverse Rettungswachen ausschreibt, sondern auch die Bereitstellung von Reserve-Fahrzeugen für Großeinsätze und Einsatz-Einheiten (hier, ab Seite 3).

Das ist nun wirklich interessant. Denn spätestens die Einsatz-Einheiten sind das, was man früher landläufig als "Katastrophenschutz" bezeichnete und dürften somit tatsächlich eine ureigene hoheitliche Aufgabe darstellen.

Auch sind Angehörigen der Einsatzeinheiten Vollzugsdienstkräfte im Sinne des nordrhein-westfälischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes. D. h. sie dürfen -theoretisch- selbst "unmittelbaren Zwang" anwenden. Auf deutsch: "Geh von meiner Einsatzstelle oder ich hau Dich!".

Angesichts dessen, muss man sich schon wundern, ob da tatsächlich beabsichtigt ist, per Ausschreibung, also nach vornehmlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten, hoheitliche Befugnisse einschließlich Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit abzugeben.

Irgendwie komme ich da auf die Idee, man könnte ja auch mal "Dienstleistungen der Strafverfolgung und polizeilichen Gefahrenabwehr" ausschreiben, also "rent a cop" oder "Polizeiinspektion 4 operated by Wachschutz Müller". Durchaus auch ein interessanter Gedanke.

Aber ernsthaft: Ich frage mich schon, wie lange es dauert, bis auch in Deutschland jemand auf die Idee kommt, dass eigentlich auch Aufgaben des "abwehrenden Brandschutzes" an Privatunternehmer ausgeschrieben werden könnten. Allerdings dürften das meisten Brandschutzgesetze der Länder (noch) nicht hergeben. In anderen Teilen Europas funktioniert sowas anscheinend.

Daneben frage ich mich auch, inwiefern Ausschreibungen, insbesondere solche von Einsatz-Einheiten, wie es der Kreis Aachen macht, Auswirkungen auf das hat, was man neu-modisch "bürgerschaftliches Engagement" nennt. Gerade die Einsatz-Einheiten werden vorrangig aus Ehrenamtlichen bestehen. Ob man diesen ggf. vermitteln kann, dass "ihre" Einsatzeinheit ab nächsten Monat durch eine andere Organsiation oder einen privaten Anbieter besetzt wird?

Fast noch interessanter, wird dies bei der Neu-Ausschreibung von Rettungswachen: Gewinnt ein neuer Anbieter die Ausschreibung und übernimmt den Betrieb der Rettungswache, handelt es sich nämlich regelmäßig um einen sogenannten Betriebsübergang (§ 613a BGB). Praktisch bedeutet dies, dass der neue Anbieter das alte Personal übernehmen und -zumindest vorerst- zu unveränderten Kondition weiterbeschäftigen muss. Eine möglicherweise böse Überraschung, falls der neue Anbieter damit nicht gerechnet hat (Berufung hier).

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